Börsenstrategien
Professionelle Börsenstrategien helfen Anlegern Fehler zu vermeiden. Einige dieser Strategien haben sich in der Finanzkrise jedoch nicht bewähren können. Seit 2008, als sich aus der amerikanischen Immobilienblase eine weltweite Finanzkrise entwickelte, erschütterte insbesondere das Versagen der Diversifikationsstrategie. Dieses stellte nun wissenschaftlich alle fundierten Anlagekonzepte infrage.
Diversifikationsstrategie
David Swensen, (Manager des Stiftungsvermögens der Eliteuni Yale) nutze als einer der Ersten die Mischung alternativer Assetklassen und erzielte bis 2007 durchschnittlich 16 Prozent Wertzuwachs im Jahr, auch 2002 während des Crashs erwirtschaftete er dank der breiten Streuung noch ein Plus und die Strategie schien die Feuertaufe bestanden zu haben. Nun wurden verschiedene Investments mit dem Verweis auf die Risikodiversifikation auch an Kleinanlegern schmackhaft gemacht. Weil aber in der Krise 2008 zum ersten Mal alle Assetklassen betroffen waren, verloren die zehn größten amerikanischen Stiftungsvermögen zusammen 36 Milliarden US-Dollar, weil sie alle nach dem Prinzip Swensens verwaltet wurden.
Trotzdem sehen Vermögensverwalter und Fondsmanager keine Alternative zur Diversifikation: „An Risikostreuung führt auch künftig kein Weg vorbei.“, so Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege beim Kölner Vermögensverwalter Flossbach & von Storch.
Das Deutsche Aktieninstitut rät: „Zwar sind mit den Turbulenzen auf den Finanzmärkten die Preise fast aller Vermögensgegenstände gefallen. Ausgenommen hiervon sind aber liquide und sichere Anlagen, wie z.B. deutsche Staatsanleihen oder Tagesgeldkonten. Hier zeigt sich ein wichtiger Vorteil eines diversifizierten Depots, das selbstverständlich auch diese liquiden Mittel enthalten sollte. Um Schwächeperioden der anderen Vermögensgegenstände überbrücken zu können, sollte jeder Anleger schnell verfügbare und relativ wertbeständige Geldanlagen besitzen. Dann muss er keine Aktien oder Fondsanteile unter ihrem eigentlichen Wert verkaufen, wenn er kurzfristig Geld braucht.“
Im Folgenden stellen wir Ihnen einige Börsenstrategien vor. Es ist ganz wichtig, die entsprechende(n) Strategie(n) an den jeweiligen Zielen auszurichten.
Averaging-Strategie
Unter diesem Begriff versteht man eine längerfristige Strategie, bei der Investoren auf einen günstigen durchschnittlichen Kaufkurs für ein Wertpapier setzen, dadurch dass sie zu verschiedenen Zeitpunkten immer gleiche Stückzahlen des gleichen Wertpapiers nachkaufen. Bei dieser Strategie werden bei nachgebenden Kursen Aktien zugekauft, um den durchschnittlichen Einstandspreis dadurch automatisch zu verringern. Mit der Averaging-Strategie gelangen Anleger bei einem Kursanstieg schnell wieder in eine Gewinnzone. Damit können sehr oft große Kursgewinne erzielt werden.
Das Risiko bei dieser Strategie besteht darin, dass immer mehr Geld in aussichtslose Aktien investiert wird. Privatanleger sollten bei ständig fallenden Kursen höchstens 1 mal nachkaufen, denn nicht jeder kräftig gesunkene Aktienkurs setzt später zu hohen Gewinnen an.
Der Vorteil liegt darin, dass Anleger, die sich auch von einer länger anhaltenden Baisse nicht abschrecken lassen, oftmals gute Aktien zum Schnäppchenpreis erhalten. Für spekulativ eingestellte Investoren ist die Averaging-Strategie interessant!
Dividendenstrategie
Hier handelt es sich um eine klassische, konservative Methode. Der Grundgedanke ist relativ simpel. Wettbewerbsfähige und erfolgreiche Unternehmen können mehr Gewinne generieren. Diese werden bei einer Aktiengesellschaft auch als Dividende an Anleger ausgeschüttet. Man geht davon aus, dass sich Unternehmen mit einer hohen Dividendenrendite längerfristig besser entwickeln werden als der gesamte Markt.
Dividendenrendite = (Dividende pro Aktie /Aktienkurs) * 100
Man rät den Anlegern aus dem Index mit den größten Unternehmen die zehn Werte mit der höchsten Dividendenrendite zu kaufen und diese 1 Jahr im Depot zu halten. Nach einem Jahr werden die Werte geprüft und eventuell ausgetauscht. Diese Strategie ist nicht für kurzfristige Anleger geeignet, da die Werte ein Jahr gehalten werden müssen.
Low-5-Strategie
Bei der Low-5-Strategie werden ebenso die 10 dividendenstärksten Werte aus einem Index, wie z.B. dem DAX in Deutschland mit der höchsten fundamentalen Sicherheit, ermittelt. Hier werden allerdings die 5 Werte mit dem niedrigsten Kurs gekauft.
Ein psychologischer Grund steckt hinter dieser Strategie, denn Aktien mit einem niedrigen Kurs sehen billiger aus. Auch hier werden die Werte ein Jahr im Depot aufbewahrt und danach wieder überprüft.
Diese Strategien sind relativ simpel umzusetzen. Beide Strategien, Dividendenstrategie und Low-5 haben sich bewährt und werden von vielen Anlegern erfolgreich umgesetzt. Unsere Empfehlung wäre, dass man diese Werte vierteljährlich, jeweils am Quartalsende überprüft. Dazu sollte man auch noch die Umlaufrendite prüfen.
Growthstrategie
Anleger, die die Growth-Strategie umsetzen, investieren bei Unternehmen mit einem hohen Wachstumspotenzial. Das gilt bei Boom-Märkten und bei Unternehmen die sich durch eine hohe Wachstumsdynamik in ihrer Branche auszeichnen. Viele Investoren orientieren sich an der Growth-Strategie, weil das noch den Reiz des Geheimnisvollen hat, denn Erwartungen spielen eine große Rolle. Investoren setzen große Erwartungen in Aktien, die sich nicht zwangsläufig bewahrheiten müssen. Growth-Aktien schneiden meist schlechter ab, wenn Pessimismus die Börsen und Märkte beherrscht. Die Strategie ist für langfristig eingestellte Anleger geeignet!
Portfoliostrategie
Als Portfolio bezeichnet man die Gesamtheit der Wertpapiergattungen eines Investors. Hier geht es darum, dass dem langfristigen Anlageerfolg eine durchdachte Risikostreuung zu Grunde liegt, denn der Erfolg eines Anlegers beginnt mit der Struktur. Das Kapital wird auf verschiedene Kategorien aufgeteilt. Anleger, die ihr Kapital auf verschiedene Produkte wie Aktien, Renten, Rohstoffe und Immobilien streuen, senken damit das Risiko.
Die Depotstruktur muss stets an die Lebenssituation angepasst sein. Ein Berufseinsteiger z.B. kann im Laufe seines Lebens Verluste besser einholen als ein Rentner. Bei diesen ist zu beobachten, dass sie auf sichere Anlagen, wie Sparbriefe und Festgeld, setzen und riskantere Aktien ihrem Depot nur beimengen. Sicherheitsbewusste Anleger sollten 2/3 ihres Kapitals in sichere Produkte investieren. Investoren, die ein höheres Risikobewusstsein besitzen, können bis zu zwei Dritteln ihres Geldes in Investmentfonds anlegen.
Es ist ausreichend, wenn der Investor die Depotstruktur einmal pro Quartal überprüft. Viele Anleger betreiben nur in ihrer Lieblingsbranche „Stockpicking“, anstelle ein ausgeglichenes Portfolio mit gesunder Risikostruktur aufzubauen. Abschließend gilt es, die Zusammensetzung des Portfolios nicht zu verkomplizieren, da sich private und sogar professionelle Anleger ansonsten leicht verzetteln können.
Strategie der Relativen Stärke
„The trend is your friend“ ist der Grundsatz der Relativen Stärke um in mehrjährigen Aufwärtsmärkten überdurchschnittliche Gewinne erzielen zu können. Man fand durch langjährige Studien fand heraus, dass Aktien, die in den letzten sechs bis zwölf Monaten stärker gestiegen sind als der Marktdurchschnitt auch mehrere Monate weiterhin außergewöhnlich stark steigen werden und überdurchschnittliche Kursgewinne erzielen. Das gilt ebenso bei Einzelaktien, Branchen oder Ländern. Besonders ausgeprägt ist das Phänomen der Relativen Stärke für die jeweils 10 Prozent der Aktien mit der höchsten Kurssteigerung verglichen mit dem entsprechenden Gesamtmarkt.
Hintergrund für diesen Effekt ist das Aktienanalysten oft mit ihren Prognosen den tatsächlichen Gewinnanstieg bei einzelnen Aktien bzw. Branchen unterschätzen. Bei Veröffentlichung der Quartalergebnisse erfolgt ein Kurssprung der Aktie und nun heben Analysten die Schätzungen für die nächsten Quartale nur zögerlich an. Gibt es beim nächsten Quartal wieder eine positive Gewinnüberraschung, so benötigen die Analysten also einige Zeit, um sich mit Ihrer Einschätzung an die Realität anzunähern. Bis dahin ergeben sich also einige Quartale mit stark steigenden Kursen. Auch der Faktor, dass es einen Modetrend zum Kauf von Aktien in gewissen Branchen gibt beeinflusst diesen Effekt.
Bei der Strategie der Relativen Stärke gibt es Wichtiges zu beachten: Aktien mit hoher relativer Stärke schwanken meist stärker als der Marktdurchschnitt und nach mehreren Jahren dreht sich der Effekt um. Werte, die überdurchschnittlich gestiegen sind (ca. 5 Jahre), weisen oft in den folgenden 5 Jahren eine Underperformance auf. Die größten Gefahren bei der Strategie lauern beim Übergang in einen mehrmonatigen oder mehrjährigen Bärenmarkt, dann brechen die meisten Aufwärtstrends.
Ein günstiger Einstiegspunkt für die Anleger ist wenige Tage vor Bekanntgabe des Quartalsergebnisses oder bei charttechnischen Ausbrüchen nach oben nach einer mehrwöchigen Konsolidierung. Die relative Stärke Strategie funktioniert besonders gut in mehrjährigen Bullenmärkten.
Turnaroundstrategie
Bei der Turnaroundstrategie kaufen Anleger die Aktien von angeschlagenen Unternehmen mit der Aussicht, dass diese den Turnaround schaffen und Kursgewinne realisiert können. Um diese zu erkennen, benötigen potenzielle Investoren gute Kenntnisse der Bilanz und sollten sich gründlich mit dem Unternehmen auseinander setzen. Die Aktien solcher Unternehmen weisen oftmals schon einen geringen Kurswert auf.
Zwei Nachteile schrecken bei der Turnaroundstrategie ab: Es kann sein dass die Aktie hat den Turnaround nicht schafft und muss wieder verkauft werden muss, oder die Aktie zeigt danach keinen deutlichen Aufwärtstrend. Hier droht schnell ein Totalverlust wenn der Anleger nicht über gutes Börsenwissen verfügt. Es gilt die Zone bzw. den Boden in der Kursentwicklung zu finden, bei der die Kurse wieder in einen drehen zu finden.
Diese Strategie ist nur für spekulative Anleger geeignet. Investoren, die diese Strategie erfolgreich anwenden, können an der Börse mit hohen Kursgewinnen rechnen.
Trendfolgestrategie
Bei dieser Strategie kaufen Anleger die Aktien, die im vorigen Monat am stärksten gestiegenen sind und setzen dabei auf eine Bestätigung des Trends. Diese Börsenstrategie wird daher auch „Prozyklische Anlagestrategie“ genannt.
Grundidee ist die Annahme, dass die breite Masse der Anleger dem Trend folgt. Dieses hat den Effekt, dass Anleger durch ihr Verhalten die Trendbestätigung weiter verstärken. Wenn bestimmte Aktien „IN“ sind, werden sie von vielen nachgefragt, unabhängig von ihrem Kurswert. Anschließend werden die gleichen Aktien nach der Trendwende um jeden Preis abgestoßen.
Die Trendfolgestrategie ist für spekulative und kurzfristige Anleger geeignet, die sich möglichst am Anfang einer Aufwärtsbewegung mit Aktien eindecken sollten, um sie nach der Wende des Trends möglichst gut verkaufen zu können. Hier bieten sich charttechnische Signale an, die Aufwärtstendenzen und Trendumkehr zeigen.
Umkehrstrategie
Investoren kaufen die im vorherigen Monat am stärksten gefallenen Aktien und hoffen auf eine Trendwende, also gegenteilig zur Trendfolgestrategie. Die Strategie wird auch „Antizyklische Anlagestrategie“ genannt. Diese Strategie bringt dem aktuellen Börsentrend ein gegenteiliges Anlageverhalten gegenüber.
Für diese Strategie ist Mut, Selbstbewusstsein und eiserne Disziplin wichtig. Anleger müssen im Hinterkopf behalten, dass sie ihre Aktien zu früh verkaufen würden und somit Gewinnchancen verfehlen, den oftmals kann man hier kurzfristig in die Verlustzone geraten.
Die Umkehrstrategie kann sehr erfolgversprechend sein und ist für spekulativ eingestellte Anleger geeignet. Als antizyklisch Handelnder sollte man die Aktien dann kaufen, wenn andere Börsenteilnehmer ihre Wertpapiere verkaufen. Nun wartet man mit dem Verkauf der Aktien, bis die Euphorie am größten ist, denn wenn die meisten Investoren ihre Aktien veräußert haben, ist wieder genügend Liquidität für eine längerfristige Kurssteigerung im Markt vorhanden.
Value-Strategie
Bei dieser Strategie setzen Investoren auf Unternehmen mit hohem Substanzwert von Gesellschaften mit bewährten Geschäftsmodellen. Hier stimmen Kundenzahlen, Dividende als auch Geschäftsvolumen und steigen stetig.
Vor allem in schwierigen Börsenzeiten vertrauen viele auf diese Aktien von Unternehmen mit Substanz. Die Value-Strategie ist zu bevorzugen, wenn an der Börse schlechte Stimmung regiert, denn diese Strategie ist ideal für Investoren, die ihr Geld sicher anlegen möchten. Die Value-Strategie bietet selten Überraschungen, ist die Börsenlage jedoch sehr gut, werden Substanzwerte weniger nachgefragt. Häufig fällt der Wert dieser Aktien wegen äußerer Einflüsse, aber der Substanzwert bleibt unberührt. Investoren müssen aufpassen, dass sie in schwierigen Börsensituationen für Substanz-Standardwerte kurzfristig zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen können.
Anleger sollten bei dieser Strategie ihre Aufmerksamkeit auf solche Aktien richten, deren Buchwert in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Die Value Strategie ist für langfristig eingestellte Investoren geeignet.
Buy-on-rumors-Strategie
Diese Börsenstrategie beinhaltet, dass Anleger in Sondersituationen investieren. Dazu zählen zum Beispiel die Neugewichtung der Indizes, Squeeze-Outs oder Übernahmen, denn Aktien legen meist eine überdurchschnittliche Kursperformance hin, wenn die Gewichtung sich erhöht oder sie neu in einen Index aufgenommen werden. Immer mehr Anleger werden auf diese Unternehmen aufmerksam und kaufen wenn mit der Indexaufnahme die Wachstumsphantasie beflügelt wird.
Um diese Strategie richtig zu nutzen, muss man sich frühzeitig bei potenziellen Nachrückern eindecken, wenn man als Anleger an einer Neugewichtung optimal verdienen möchte, muss man sich früh positionieren.
Ein großer Vorteil ist, dass sich konservative Anleger, die einen Index nachbilden, sich ebenfalls an die veränderte Gewichtung oder die neue Zusammensetzung im Index anpassen müssen und ebenfalls kaufen.
Ein Nachteil bei der Buy-on-rumors-Strategie ist, dass man Sondersituation nur schwer vorhersehen kann. Anleger sollten beachten, dass bis das gewünschte Szenario eintritt, es mehrere Jahre dauern kann. So ist diese Strategie für langfristige Investoren mit sehr langem Atem geeignet.